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Franz-Bobzien-Preis 2020 vergeben

Der Franz-Bobzien-Preis 2020, der alle zwei Jahre unter der Schirmherrschaft des Brandenburgischen Ministerpäsidenten gemeinsam von der Stadt Oranienburg und der Gedenkstätte Sachsenhausen verliehen wird, geht in diesem Jahr an den Berliner Verein Schlaglicht e.V.

Aus Anlass des 75. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Sachsenhausen war für den 18. April eigentlich die Verleihung des Franz-Bobzien-Preises 2020 vorgesehen. Aus aktuellem Anlass mussten die Veranstaltungen rund um den Jahrestag in ihrer geplanten Form abgesagt werden, so auch die Verleihung des inzwischen sechsten Franz-Bobzien-Preises. Auch die Hoffnung, die Preisverleihung zeitnah in einem größeren, feierlichen Rahmen nachzuholen, hat sich zwischenzeitlich aufgrund der weiterhin geltenden Beschränkungen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zerschlagen.

Stattdessen werden Oranienburgs Bürgermeister Alexander Laesicke und Dr. Axel Drecoll, Leiter der Gedenkstätte und des Museums Sachsenhausen, die Übergabe der Preise nun in Kürze in einem kleinen, informellen Rahmen unter Einhaltung der Corona-Beschränkungen vornehmen.

Aus den knapp 30 eingegangenen Bewerbungen hat sich die 13-köpfige Jury für folgende Preisträger entschieden:

Der mit 3.000 Euro dotierte Franz-Bobzien-Preis geht in diesem Jahr an das Projekt „Keine Schule, kein Haustier, kein… – Alltag jüdischer Kinder im Nationalsozialismus“ des Berliner Vereins Schlaglicht e.V. Das Projekt konnte sich insbesondere durch die in den Fokus genommene Zielgruppe und den präventiven Ansatz durchsetzen: Es umfasste je eine Projektwoche mit zwei Brandenburger Grundschulen. Fünft- und Sechstklässler wurden in dieser Woche altersgerecht an den Nationalsozialismus herangeführt und haben sich anhand von Biografien einen eigenen Zugang zu Lebensgeschichten jüdischer Kinder erarbeitet. Zudem haben sie sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit der eigenen Gemeinde auseinandergesetzt und kleinere Erklär-Videos entwickelt.

Der zweite Platz, geht an das Projekt „Discover diversity – between the present and the past“ der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA e.V.). Hierbei handelt es sich um ein Modellprojekt, in dem bereits gut integrierte Flüchtlinge als Trainer qualifiziert werden, um dann in Willkommensklassen selber Aufklärungsarbeit zu leisten und Wissen zu deutscher Geschichte und Antisemitismus zu vermitteln. Flüchtlinge treiben so selber Integration mit voran und dienen den „Neuen“ als Identifikationsfiguren.

Der dritte Platz geht an die Sportjugend Berlin, die in Kooperation mit Hertha BSC das Projekt „Aus der eigenen Geschichte lernen – Hertha BSC im Nationalsozialismus“ durchführt. Es startete 2015 als Einzelprojekt, inzwischen ist daraus eine Projektreihe geworden mit dem Ziel, Hertha-Geschichte aufzuarbeiten und so zur Antidiskriminierung im Fußball beizutragen. Dazu zählen beispielsweise historische Führungen im Olympiastadion, Gedenkstättenbesuche oder Forschungsprojekte zu Zeitzeugen wie zuletzt den Hertha-Fan Walter Frankenstein.

Bürgermeister Alexander Laesicke kommentiert: Die große Vielfalt der Bewerbungen hat uns die Entscheidung in diesem Jahr nicht leicht gemacht. Es ist überwältigend, was auch Jahrzehnte nach Ende der nationalsozialistischen Diktatur noch aufgearbeitet und so dem Vergessen entrissen wird. Die vorgeschlagenen Projekte zeigen, dass es an allen Ecken Brandenburgs und Berlins ein großes Engagement gegen Rassismus und Ausgrenzung in der Bevölkerung gibt. Das Gewinnerprojekt war für uns vor allem deshalb auszeichnungswürdig, weil es in der Erinnerungsarbeit einen mutigen neuen Schritt geht, indem es sich an Kinder richtet. Ihnen traut man die Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus noch nicht oder nur sehr dosiert zu, das Projekt aber zeigt, dass es dafür überhaupt keinen Grund gibt.

Gedenkstättenleiter Dr. Axel Drecoll dazu: „Auch die sechste Auslobung des Franz-Bobzien-Preises hat anhand der vielen eingegangenen Bewerbungen gezeigt, wie vielfältig und bunt das Engagement für ein kritisches Geschichtsbewusstsein als Grundpfeiler einer auf Menschenwürde, Toleranz und Solidarität basierenden freiheitlichen Demokratie in Berlin und Brandenburg ist. Diese Vielfalt kommt auch in den ausgezeichneten Projekten zum Ausdruck, deren Zielgruppen von Grundschülern über Asylsuchende bis zu Fußballfans reichen. Gerade in Zeiten, da Geschichtsrevisionismus und Angriffe auf die Erinnerungskultur zunehmen, sind solche Projekte wichtiger denn je. Daher verstehen wir die Auszeichnungen nicht nur als Anerkennung für das bereits Geleistete, sondern auch als Ansporn zum Weitermachen.

29.04.2020